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Die Qual der Methodenwahl

Wer moderiert, kreative Prozesse steuert oder sonstwie partizipativ mit Gruppen arbeitet, dem stehen unzählige Methoden und Techniken zur Verfügung. Wie findet man die richtige Methode?

Nicht jede Methode passt für jedes Problem!Ein Besuch in der Buchhandlung des Vertrauens, eine kurze Recherche auf Google oder ein Gespräch unter Kolleg_innen beweist es immer wieder aufs Neue: Es existieren viel mehr Methoden, als ein/e einzelne/r kennen, geschweige denn einsetzen kann. Als Antwort auf diesen Berg an Möglichkeiten lockt der einfache Weg, nur auf Altbewährtes zu setzen und die Hände von allem Neuen zu lassen.

Oder aber, wir klären erst genau ab, was wir brauchen und welchen Rahmen wir bespielen, und entscheiden uns dann für die richtige Methode. Hier ein paar Tipps, wie Sie aus dem Dschungel herausfinden. Die erste Frage, die Sie sich stellen sollten ist folgende:

  • Was will ich? Oder: Was soll nach der Veranstaltung anders sein? Sollen alle Teilnehmer/innen zu Wort gekommen sein? Soll eine Entscheidung getroffen worden sein? Oder sollen möglichst viele Ideen am Tisch liegen?

Widmen Sie dieser Frage die nötige Zeit und schummeln Sie sich nicht vorbei. Erst wenn Sie wissen, wohin Sie und die Teilnehmer/innen wollen, können Sie überlegen, welche Methode Sie unterstützt, Ihr Ziel zu erreichen.

Welche Methode für welche Denkrichtung?

Bei kreativen Prozessen hilft zusätzlich die Unterscheidung in zwei Denkrichtungen, in die sich die meisten Techniken einteilen lassen.

Divergierendes Denken: Hier geht es darum, gedanklich aufzumachen, breit oder out oft the box zu denken. Der Klassiker Brainstorming gehört hier hinein, aber auch zum Beispiel die Kopfstandmethode, Imaginäres Brainstorming oder 6-3-5. Das Ziel ist, viele Ideen zu generieren und ungewöhnliche Ansätze zuzulassen. Es gilt in diesem Stadium, mutig zu sein, und Ideen (noch) nicht zu bewerten. Quantität vor Qualität.

Konvergierendes Denken: Hier werden Ideen geclustert, reduziert, bewertet, gegeneinander abgewogen und auf ihre Brauchbarkeit abgeklopft. Am Ende benötigen wir nie 100 Ideen, sondern nur die eine (beste) Lösung. In diese Phase gehören zum Beispiel E. de Bonos PMI-Technik und sämtliche Bewertungsmethoden.

Die Denkrichtung bestimmt die Methode: divergierendes oder konvergierendes Denken?Oft folgen diese beiden Phasen zeitlich aufeinander, aber das muss nicht so sein, wenn zum Beispiel ein Team zusammenkommt, um nur eine oder mehrere Ideen zu bewerten.

Wenn das nächste Mal die Verzweiflung die Begeisterung über die Vielfalt an Methoden ablöst oder wenn Sie sich gezielt auf die Suche nach der richtigen Technik machen wollen, dann klären Sie mit Hilfe der obigen Fragen, wofür sie diese brauchen.

Diese Fragen können Ihnen helfen, den Rahmen für Methoden einzugrenzen:
  • Wie viele Personen nehmen teil? Drei oder vier, sodass man noch leicht um einen Tisch sitzen und ungezwungen plaudern kann? Unter zwölf, so dass die Person am Flipchart noch eine Chance hat, alle Ideen aufzuschreiben? Oder deutlich mehr, sodass sich die Arbeit in Kleingruppen geradezu aufdrängt?
  • Wie stehen die Teilnehmer/innen zueinander? Verhindern Hierarchien oder Grabenkämpfe, dass sich alle trauen, den Mund aufzumachen? Wenn ja, ist vielleicht eine anonyme Technik, etwa eine Form des Brainwritings das Richtige.
  • Wie viel Zeit habe ich? Eine Stunde, drei Stunden oder einen Tag? Versuchen Sie nicht eine komplexe Technik, die aus mehreren Schritten besteht und vielleicht im Vorfeld einiges an Erklärungszeit benötigt, in allzu kurze Zeit durchzupeitschen.
  • Wie viel Platz habe ich? Kann ich überhaupt Kleingruppen bilden, die sich aus dem Weg gehen sollen und ausreichen Rückzugsraum benötigen?

Wenn Sie mehr über die Methoden oder die Arbeit mit Gruppen erfahren möchten, dann nützen Sie doch unsere Angebote rund um Teamwork und Kreativität oder besuchen Sie eines unserer Seminare zu Moderation und Präsentation.

Eine unserer Prämissen bei der Moderation lautet übrigens, dass die Haltung noch wichtiger ist als die einzelne Methode. Wir haben dazu auch einmal einen eigenen Blogbeitrag geschrieben.

Brainstorming – aber richtig!

Viele Ideen alleine reichen freilich auch nicht.Ende der 30er-Jahre entwickelte der Werbefachmann Alex F. Osborn den so genannten „Gehirnsturm“. Noch heute ist er auf Grund seiner Einfachheit die beliebteste Kreativtechnik. Die Methode hat ihre Grenzen, sie ist aber nicht so unwirksam wie immer wieder behauptet. Die meisten Kritiker/innen konstruieren ein falsches Bild von Brainstorming und geben es dann zum Abschuss frei. Ein typisches Beispiel ist dieser Artikel im Standard. Nach der Überschrift „Brainstorming macht kreativ? Irrtum!“ leitet der Text ein: „Zu dritt, zu viert, mit Zettel und Stift entstehen die besten Einfälle? Stimmt nicht, sagen die Wissenschafter.“ Bleibt zu hoffen, dass die zitierten Expertinnen und Experten sich besser damit auseinander gesetzt haben als die Redakteurin. Denn ein bisschen mehr als drei bis vier Leute, Zettel und Stift gehört zum echten Brainstorming schon dazu.

Weil das aber auch da draußen in den Firmen und Organisationen oft falsch gehandhabt wird, geben wir hier Antwort auf die Frage: Wie geht es also richtig?
Ein Team von vier bis maximal zwölf Personen sucht Ideen zu einem bestimmten Thema, die gut sichtbar notiert werden. Diese Ideenfindungsphase ist streng zu trennen von einer Ideenbewertungsphase. Osborn selbst gibt in seinem Buch „How To Think Up“ (1942) vier Regeln an, die unbedingt einzuhalten sind:

  • Übe keine Kritik!
  • Je mehr Ideen, desto besser!
  • Ergänze und verbessere bereits vorhandene Ideen!
  • Je ungewöhnlicher die Idee, desto besser!
Ein paar Tipps darüber hinaus helfen ebenfalls:
  • Die Frage muss klar und einfach formuliert und für alle Beteiligten akzeptabel und gut sichtbar sein, am besten auf einem eigenen Flipchart.
  • Der Rahmen muss stimmen, Humor ist erlaubt oder sogar erwünscht.
  • Dass Kritik und Killerphrasen keine Chance bekommen, dafür ist die Moderation und im besten Fall die ganze Gruppe verantwortlich. Verweisen Sie vor Beginn der Suchphase noch einmal auf die Regeln.
  • Bei der Ideensuche gilt: Quantität vor Qualität. Schreiben Sie auch seltsame Ideen auf, gerade sie führen über unkonventionelle Zugänge und schräge Perspektiven oft zu guten Ideen.
  • Durchtauchen Sie das Ideentief: Üblicherweise kommen am Beginn die gängigen Ideen, jene Dinge, die schon versucht wurden oder das, was ohnedies immer passiert. Nach einigen Minuten sind diese Ideen alle notiert und es tritt eine Pause ein. Die ersten TeilnehmerInnen werden bocken und schimpfen, dass es nichts bringt und dass sie es ohnedies schon immer gewusst hätten. Es ist nun Ihre Aufgabe als Moderator/in neu zu motivieren, noch ein volles Flipchart, zehn Minuten Weiterarbeit oder 15 weitere Ideen einzufordern. Ist das Ideentief einmal durchtaucht, winken als Belohnung auf der anderen Seite oft gute und brauchbare Ideen.

Im Anschluss clustern Sie die Ideen, reduzieren und – so das in der Kompetenz dieser Gruppe liegt – bewerten sie, zum Beispiel mittels Punkten. Schließlich bleiben einige wenige Ideen über, die Sie (mit anderen Methoden) weiterverfolgen.

Einfach und akzeptiert

Brainstorming ist eine einfach durchzuführende Methode, die sich eignet, wenn Sie viele verschiedene Ideen brauchen. Sie benötigt relativ wenig Moderationserfahrung und ruft kaum Widerstand hervor, weil die meisten damit vertraut sind. Idealerweise und wenn die Ideenfindung tatsächlich von der Ideenbewertung getrennt wird, regen sich die Teilnehmer/innen gegenseitig an und schwingen sich gemeinsam zu neuen Höhen auf.

Natürlich ist bei dieser Methode das Potential für revolutionäre Ideen begrenzt. Außerdem kann bei einer so offenen Methode wie Brainstorming die Gruppendynamik eine Rolle spielen. Vielleicht kommen wieder nur Inputs von den üblichen Wortführerinnen und Wortführern und die Schweiger tun wieder einmal, was sie am besten können: schweigen.

Mehr, viel mehr über Kreativität und Kreativitätstechniken erfahren Sie, wenn Sie an einem unserer Seminare teilnehmen oder ein Einzelcoaching besuchen.

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Perspektivenwechsel wozu?

Was ist auf diesem Bild dargestellt?Perspektivenwechsel geben den Blick auf neue Lösungen frei. Sie helfen, hartnäckige Probleme zu lösen und die Kommunikation zu verbessern.

Was ist auf dem Bild dargestellt? Was ist Ihre erste Assoziation?

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Eine Beilagscheibe, werden manche denken, eine Schallplatte andere. Vielleicht aber auch ein Dichtungsring, eine Röhre, ein Zylinder, der Buchstabe O, ein Schwimmreifen, eine Zielscheibe, eine Werbung für einen Mobilfunkbetreiber oder ein Autoreifen.

Was stimmt nun? Jede Antwort ist richtig, denn es ist, was der oder die Betrachter/in darin sieht. Wer offen Möglichkeiten sammelt, wird bald noch viel mehr Interpretationen als die angeführten finden. Alle, die sich aber früh für eines entscheiden und dabei bleiben, werden ihre Wahl vielleicht verteidigen und immer mehr davon überzeugt sein, es könne nur dieses eine darstellen.

Wer viel mit Autos zu tun hat, wird eventuell zuerst einen Reifen darin sehen, wer noch nie ein Auto zu Gesicht bekommen hat, etwas ganz anderes. Wem Farben wichtig sind, für den hat es vielleicht mehr Bedeutung, dass der Kreis einen dicken schwarzen Umriss hat, als für jemanden, für den die Form im Vordergrund steht. Wir haben immer einen bestimmten Blickwinkel auf die Dinge und wir sehen immer nur einen Ausschnitt. Denn unsere  Persönlichkeit und unsere Erfahrungen haben einen Einfluss darauf,  wie wir die Welt wahrnehmen.

Wenn aber nun jede/r die Welt ein wenig anders wahrnimmt – ja, müsste es dann nicht möglich sein, die eigene Wahrnehmung auch zu verändern, vielleicht zu steuern? Ja, es ist möglich: Wir können den Blickwinkel verändern  und dadurch auch den Ausschnitt, den wir wahrnehmen. Wir sehen das Bild von einer anderen Seite oder einen vergrößerten oder verkleinerten Ausschnitt. Wenn wir wollen.

Ein Prinzip der Kreativität

Viele Coaching-Methoden oder Kreativitätstechniken arbeiten mit Perspektivenwechsel. Sie verändern die Betrachtungsebene, den Ausschnitt oder die Fragestellung, um Raum für neue Perspektiven zu schaffen. Warum man das tut? Weil sich scheinbar unlösbare Probleme oder einzementierte Meinungen manchmal in einem anderen Licht zeigen – und damit den Blick auf die eine oder andere mögliche Lösung freigeben. Oder einfach nur das Verständnis für das Gegenüber fördern – als ersten Schritt einer Versöhnung oder zumindest eines Waffenstillstands.

Mehr dazu gibt es in unseren Angeboten zum Thema Kreativität und Teamwork.

 

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