Kategorie-Archiv: Teamarbeit

Konflikte klären per Chat? Nein, danke!

Konflikte auf Plattformen wie Whatsapp, Telegram oder Signal eskalieren oft. Auf dem Bild sieht man zwei streitende Figuren vor dem Hintergrund der Plattform-Logos.Zwischen Kontakt und Konflikt: Warum Streit über Kanäle wie Whatsapp, Telegram, Signal oder in Online-Foren nur sehr selten konstruktiv, sondern meist mit Austritt eines Mitglieds aus der Gruppe oder Sperren eines Users endet.

Whatsapp und Co. Sind unglaublich praktisch, wir alle nützen sie, um Termine unserer Kinder im Fußballverein zu organisieren, um Kontakt zu Freundinnen im Ausland zu halten oder um im einander im Team über Projektfortschritte am Laufenden zu halten. Das läuft gut, solange es um reine Informationen geht, um sachliche Inhalte, um Fragen, die man mit einem Ja oder Nein beantworten kann. Treten Meinungsverschiedenheiten auf, sind Konflikte auf diesen Plattformen vorprogrammiert, und dafür gibt es Gründe.

Eingeschränkter Kanal

Kommunikation ist vielschichtig. Wenn wir miteinander reden, sind nicht nur Worte im Spiel, sondern wir reagieren immer auch auf die Körpersprache, Mimik und Gestik unseres Gegenübers, auf die Stimme in ihrer Stimmlage und Lautstärke, auf die Sprachmelodie, auf das Tempo, in dem gesprochen wird. Diese Elemente sind weitaus älter als die Worte selbst, deswegen denken wir sie immer mit, auch wenn sie gar nicht da sind – etwa in E-Mails oder eben im Chat.

Wir denken Körpersprache und Stimme automatisch dazu

Das ist kein Problem, solange es um unmissverständliche Fakten ohne Konfliktpotenzial geht und wir uns in einer neutralen oder positiven Gemütslage befinden. Anders sieht es aus, wenn wir im Chat auf Widerspruch stoßen und uns vielleicht ärgern. Da hört unser inneres Ohr schon mal eine unsympathische Fistelstimme, ein hektisch gebrülltes Argument, eine Flut an Argumenten, unter denen unser Empfinden unterzugehen droht. Und wir ärgern uns noch mehr, antworten darauf; der andere liest unseren Beitrag ebenfalls verärgert und unterlegt ihn seinerseits automatisch interpretierend mit passend aggressiver Körpersprache, Gestik und Stimme. Der Konflikt schaukelt sich auf.

Gefangen in der Problem-Trance

Je mehr Argumente über den Screen wandern, desto verfahrener wird die Situation. Warum? Schon im Gespräch gestalten sich Konflikte vor allem dann als schwierig, wenn die jeweiligen Argumente gar nicht richtig gehört werden. Jede Konfliktpartei bastelt dann nur noch an ihren eigenen Argumenten und versuchen zu „gewinnen“, das eigene Argument immer noch und noch stärker zu machen, anstatt auf Basis der Argumente beider Beteiligter eine konstruktive Lösung zu finden. Im Gespräch lässt sich aber eine konstruktivere Basis herstellen, indem man paraphrasiert, das Argument des anderen also noch einmal wiederholt. Man sagt, was man gehört oder verstanden hat. Dann erst schließt man an das Gehörte an. Der Effekt: Wer gehört wird, ist viel eher bereit, auch selbst zuzuhören: der erste Schritt für eine gemeinsame Lösung.

Aber im Chat? Niemand holt uns aus unserer Problemtrance, wir bleiben in unserer Argumentationslinie gefangen – und das Gegenüber ebenso. Je mehr Menschen dann auch noch an diesem Chat beteiligt sind, desto weniger findet wirklicher Austausch statt. Meist verstärkt sich der Ärger bei jeder/jedem Einzelnen nur noch, anstatt zu einer Lösung zu kommen.

Was tun?

Natürlich tauchen im Chat Konflikte auf, kein Mensch kommuniziert immer sachlich und neutral (und wenn, wäre das ziemlich langweilig). Achten Sie aber darauf, dass ein Konflikt nicht eskaliert:

  • Wenn sich Gruppenmitglieder nicht oder kaum kennen, ist ein konstruktives Miteinander schwieriger. Daher: Wenn es möglich ist, sollten sich die Mitglieder einer Gruppe nicht nur im Chat, sondern auch immer wieder real treffen. Das festigt die Bindung und gibt Raum für gemeinsame (positive) Erfahrungen in der Gruppe. Körpersprache und Stimme unterliegen bei echten Begegnungen nicht mehr nur unserer Phantasie.
  • Falls ein Konflikt in einer Chat-Gruppe auftritt: Müssen Sie den Konflikt vor allen klären? Oder wäre es besser, mit der betroffenen Person abseits der Gruppe in Kontakt zu treten?
  • Hören Sie in sich hinein: Wie lesen Sie die Nachricht? Interpretieren Sie den Beitrag schon verärgert? Wie würde eine komplett außenstehende Person den Beitrag lesen?
  • Versuchen Sie, auch bei untergriffigen Kommentaren, die sachlichen Inhalte herauszudestillieren. Antworten Sie auf keinen Fall gleich!
  • Wechseln Sie rechtzeitig den Kanal! Manch Missverständnis ist am Telefon leichter ausgeräumt, und was Menschen schnell mal ins Handy tippen, würden sie vielleicht niemandem ins Gesicht sagen.
    Wenn dann das direkte Gespräch stattfindet, versuchen Sie, dem anderen zuzuhören und an das Gesagte anzuschließen. Das ist oft nicht leicht – aber einen Versuch ist es wert!

Nicht nur, aber auch ums Zuhören  geht’s in unseren Kommunikationstrainings und Seminaren zu Gesprächsführung.  Dort lernen Sie, wie ein Gespräch gelingt – und was Sie alles dafür tun können.
Eine Methode, wie Sie das Zuhören üben können, finden Sie mit der Ja-und-Methode auf unserem Youtube-Kanal.

Gemeinsames Ziel? Team stabil!

Manche Konflikte beim Arbeiten im Team entstehen, weil die Mitglieder zu wenig Augenmerk auf das gemeinsame Ziel legen. Vor allem kleine Teams erleben oft Überraschungen.

Rosa und Linus sind sich einig: Nach jahrelangem Training in artistischen Künsten wie Akrobatik und Jonglieren möchten sie auftreten – und da sie seit vielen Jahren ein Paar sind, wollen sie es gemeinsam tun. „Wir zeigen eine coole Jongliernummer!“, sind sie sich einig, und eifrig machen sie sich an die Ausarbeitung der Idee.

Einige Wochen später beginnt sich die Planung des gemeinsamen Projekts allerdings auf die Beziehung der beiden auszuwirken, denn obwohl ihnen das gemeinsame Training im Turnsaal nach wie vor Freude macht, streiten sie über jede Kleinigkeit, die die zukünftige Nummer betrifft: Kostüme, Requisiten, Musikauswahl – sind sie sich in einer Sache einig, diskutieren sie bereits heftig über die nächste. Warum?

Wir müssen wissen, wie das Ziel aussieht

Denn wie für den einen „Hund“ ganz selbstverständlich eine Dogge ist, so hat die andere vielleicht einen Scotchterrier vor Augen. Bei der Vorstellung vom Ziel kann das ähnlich sein.Wenn Unternehmen und Organisationen ein Projekt in großen Teams planen, findet oft ein Auftakt-Workshop statt oder eine Informationsveranstaltung, in welche Richtung die gemeinsame Arbeit gehen soll. Es gibt Zielfindungsprozesse oder Klausuren, um das gemeinsame Vorgehen abzustimmen.

Schließt man sich aber in etwas informellerem Rahmen zu zweit oder dritt für eine gemeinsame Arbeit zusammen, passiert so etwas meist nicht. Die kleine Gruppe ist oft trügerisch: Dass die Gruppe überschaubar ist, verleitet dazu, ohne Vorbereitung loszulegen, weil auf den ersten Blick alles klar scheint. Wenn es dann während der Umsetzung von Projekten in Zweier- oder Dreiterteams hapert, liegt die Ursache aber oft darin, dass vielleicht schon die Ziele im Grunde für jeden anders aussehen, ohne dass es den Beteiligten wirklich bewusst ist.

Denn wie für den einen „Hund“ ganz selbstverständlich eine Dogge ist, so hat die andere vielleicht einen Scotchterrier vor Augen. Bei Zielen ist das ähnlich. Haben wir nicht dieselbe Vorstellung vom Ziel, werden wir einander bei der gemeinsamen Anstrengung, es zu erreichen, in die Quere kommen – und als Team möglicherweise scheitern.

Selbstklärung und Ziel für sich selbst definieren, dann darüber reden

Am besten ist es also, wenn alle in einem ersten Schritt für sich klären, was sie jeweils ganz persönlich mit dem Ziel verbinden und wie sie es sich vorstellen, um in einem zweiten Schritt darüber in Austausch zu treten.

Bekommen wir z. B. als Team den Auftrag, eine Hundehütte zu bauen, ist es ratsam, vor der Errichtung darüber zu sprechen, wie sie sich jede/r einzelne vorstellt. „Für mich ist ein Hund ein Scotchterrier. Die Hütte ist in meinem Kopf nicht sehr groß. Wie sieht für dich ein Hund und die passende Hütte aus?“

Es klingt banal und ist es nicht. Was wir als selbstverständlich annehmen, kann für den anderen absurd sein. Denn mit jedem Ziel sind mitunter ganz eigene Unterziele, Wertvorstellungen und Wünsche an die Wirkung verbunden, die uns im ersten Moment nicht bewusst sind – und die bei allen Menschen unterschiedlich sein können.

Tipps, um Ziele für sich und andere zu klären

Wenn Sie also in einem (kleinen) Team arbeiten und feststellen, dass es immer und immer wieder hakt bzw. wenn Sie beginnen, ein gemeinsames Projekt zu planen, stellen Sie sich – vorerst jede/r für sich – folgende Fragen:

  1. Wie sieht das Ziel für mich aus? Was soll, wenn es erreicht ist, anders sein?
  2. Welche Wirkung will ich damit erzielen? Was wollen wir als Team damit bewirken? Welche Wirkung will vielleicht mein/e Partner/in erreichen?
  3. Was, von dem, was mir persönlich wichtig ist, sehe ich auch in diesem Ziel verwirklicht?
  4. Warum will ich das Ziel erreichen? Was treibt mich an?
  5. Wer wird oder soll einen Nutzen davon haben? Welchen?

Beantworten Sie die Fragen erst einzeln. Treten Sie dann in Austausch und hören Sie auch, wie das Ziel für andere im Team aussieht, was ihnen wichtig ist. Finden Sie dann mögliche Gemeinsamkeiten, besprechen Sie Punkte, in denen Sie von Grund auf unterschiedliche Ansichten haben.

Wenn Sie so wesentliche Dinge zu Beginn offenlegen, sparen Sie möglicherweise viel Energie in der weiteren Zusammenarbeit. Denn irgendwann stehen unterschiedliche Zielvorstellungen der Umsetzung ganz gehörig im Weg. Es ist gut, das vorab herauszufinden und mögliche Konflikte aufzudecken. Denn auch unterschiedliche Vorstellungen vom Ziel können produktiv sein: etwa durch die Anpassung des Projekts, die Veränderungen von Zuständigkeiten, das Finden von gemeinsamen Unterzielen.

Linus und Rosa haben sich die einzelnen Punkte rund um das Ziel genauer angesehen und festgestellt, dass sie völlig unterschiedliche Vorstellungen von einer gemeinsamen Jongliernummer haben. Gelöst haben sie ihr Problem, indem sie einen gemeinsamen Rahmen fanden, jede/r für sich aber eine kleine Solonummer eingebaut hat. Möglich wurde es, weil sie sich die Zeit genommen haben, das Ziel, gemeinsam aufzutreten, vor der Umsetzung im Detail genau unter die Lupe zu nehmen. Probieren Sie es auch aus, es lohnt sich!

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg beim Umsetzen Ihrer Ziele im kleinen Team.

Das ist der erste Beitrag unserer Reihe „Arbeit in kleinen Teams“; weitere folgen.
Gern betreuen wir natürlich auch persönlich Ihr (kleines) Team mit unseren Kommunikationstrainings und unseren anderen Angeboten zu dem Thema.